Warum der Mittelstand Green Marketing beinahe verschläft.

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Mittelständische Unternehmen sind nicht nur im Technologiesektor führend bei der Entwicklung innovativer grüner Produkte, sie sind auch noch grundsätzlich hervorragend vorbereitet auf die schnelle Umsetzung grüner Unternehmensstrategien. Mittelständische Unternehmer spüren eine große Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern, der Umwelt und der Region, in der ihre Firma beheimatet ist. Und die KMU sind nicht so sehr dem Diktat externer Kapitalgeber und deren Renditeerwartung unterworfen und können daher Green Marketing als strategische und auf Nachhaltigkeit geplante Investition in die Zukunft angehen.

Warum also sind es dennoch die Konzerne, die bei der grünen Marketingkommunikation führend sind? Warum hinkt der Mittelstand so hinterher? Und dass er hinterherhinkt, lässt sich an folgenden Kennzahlen ziemlich genau feststellen. Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung haben lediglich 8 % der Unternehmen, die erstmals oder wiederholt einen CSR-Bericht erstellen, 500 oder weniger Mitarbeiter und können also dem Mittelstand zugerechnet werden. Zwar ist die Erstellung eines CSR-Berichts an sich noch kein Indikator für entsprechende Maßnahmen im Unternehmen, allerdings zeigt dies, dass das Thema im Mittelstand noch wenig unternehmensstrategische Bedeutung besitzt. Der Anteil der berichtenden Großunternehmen, die auch vor 2017 noch keiner Berichtspflicht unterworfen waren, lag da wesentlich höher.

Hier zeigt sich die Diskrepanz zwischen unternehmerischem Wirken und Außendarstellung, denn gleichzeitig engagieren sich mittelständische Unternehmen z. B. überdurchschnittlich in sozialen Projekten. Gut 88 % der Unternehmen mit weniger als 150 Mitarbeitern und 90 % der bis 500 Mitarbeiter sind sozial engagiert. Dieses hohe Engagement spiegelt sich jedoch wenig oder kaum in der öffentlichen Kommunikation der Unternehmen wider.

Und genau da liegt des Pudels Kern: Mittelständler tun Gutes, aber sie reden nicht darüber. Dem mag auf den ersten Blick ein gewisses Understatement zugrunde liegen. Schließlich gehört Bescheidenheit auch zu den Tugenden ehrbarer Kaufleute. Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen auch mittelständische Unternehmen heute und in Zukunft stehen, führt diese jedoch auf die falsche Fährte. Denn ohne eine deutliche strategische Ausrichtung in Fragen des sozialen und ökologischen Engagements droht das Gute, das die Unternehmen tun, im Sande zu verlaufen.

Es fehlt eine Green-Marketing-Strategie, die das vorhandene grüne Engagement bündelt und zum Vorteil des Unternehmens als Gesamtkonzept sichtbar macht.

Doch warum verschläft der Mittelstand die Grüne Wende?

Eine bedeutende Ursache für die fehlende grüne Strategie in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist gleichzeitig ein Luxusproblem: Aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation besteht bei den KMU wenig Handlungsdruck. Die Auftragsbücher der Industriebetriebe sind voll und die Binnennachfrage ist bereits seit Jahren auf Rekordniveau. Zumindest auf den Absatzmärkten steht der Mittelstand blendend da. Und da ist es nicht verwunderlich, dass eine strategische Neuausrichtung in Richtung Grün verbunden mit größeren Umstrukturierungen eher als Risikofaktor denn als Chancengenerator gesehen werden. »Never change a running system«, sagt man in der IT-Branche, gleiches nimmt man in den Chefetagen der kleinen und mittelständischen Unternehmen wahr.

Natürlich ist dies eine nachvollziehbare Motivation oder besser Nicht-Motivation. Gleichzeitig, und das lernt der Betriebswirt im ersten Studiensemester, sind es die wirtschaftlich prosperierenden Zeiten, in denen man für den Geschäftsrückgang, den Börsencrash, den Exporteinbruch vorbauen und sich wichtige Marktanteile in Zukunftsmärkten sichern muss.

Anders als auf den Absatzmärkten sieht es schon seit geraumer Zeit auf den Personalmärkten aus ‒ konkret: der Fachkräftemangel. Hier brennt also für mittelständische und vor allem kleine Unternehmen salopp gesagt der Kittel. Es ist nicht absehbar, dass in den kommenden Jahren eine Schwemme gut ausgebildeter Mitarbeiter aus den Schulen und Universitäten schwappt und die Büros und Werkstätten der Firmen bevölkert. Der Wettbewerb um die besten Mitarbeiter ist groß. Auch hier sehen die Konzerne bei der werteorientierten Mitarbeiterkommunikation besser aus. Man kann sicher nicht behaupten, dass die Mitarbeiterakquisition in KMU nicht ganz oben auf der Agenda stünde, scheinbar jedoch kommen die offensichtlichen Vorzüge eines mittelständischen Arbeitgebers bei den Kandidaten nicht oder nur unzureichend an ‒ bzw. werden nicht ausreichend kommuniziert.

Dass grüne Konzepte in der Wahrnehmung und Akzeptanz der Menschen, privat wie geschäftlich, u. a. auch mit hausgemachten Schwierigkeiten zu kämpfen haben, liegt häufig an den Akteuren selbst. Symptomatisch ist folgender Witz: »Woran erkennt man einen Vegetarier?« ‒ »Er wird es einem erzählen.« Eine umweltbewusste Lebensweise wird durch deren Protagonisten sehr häufig mit missionarischem Eifer nach außen getragen. Die konsequente Umsetzung bei der Ernährung, dem Energieverbrauch, dem Reiseverhalten, kurz: der gesamten Lebensführung wird als unabdingbar für ein Herumreißen des Schiffes, das sonst unweigerlich auf den schmelzenden Eisberg zusteuert, angesehen. Einige Menschen schreckt dieser doktrinäre Ansatz beim Klima- und Umweltschutz ab.

Wir brauchen nicht Zehntausend Hunderprozentige, sondern eine Million Fünfzigprozentige um das Klima nachhaltig zu schützen.